RACIAL PROFILING ODER RASSISTISCHE KONTROLLEN

WAS MEINEN WIR MIT „RACIAL PROFILING“ ODER „RASSISTISCHE
KONTROLLEN?“

Racial Profiling beschreibt eine Praxis durch die Polizei oder andere staatliche Institutionen, bei der Menschen, die nicht als weiß gelesen werden, häufiger kontrolliert werden als Menschen, die als weiß bzw. deutsch gelesen werden. Dies geschieht oftmals bei sogenannten “verdachtsunabhängigen Kontrollen” in Bahnhöfen, in Grenzgebieten, an Orten, wo generell viel Kriminalität stattfindet („kriminalbelastete Orte”, kbOs**) oder an Orten, wo ein erhöhtes Kriminalitätsvorkommen angenommen wird. Auch wenn die Kontrollen als „verdachtsunabhängig“ bezeichnet werden, gibt es eben doch einen
Verdacht, der auf einem Erscheinungsbild, das nicht der oder dem weiße:n Mehrheitsdeutsche:n entspricht, fußt. Dahinter steht die Annahme, dass die/der Verdächtige aufgrund ihres/seines Erscheinungsbildes mit höherer Wahrscheinlichkeit kriminelles Verhalten an den Tag legt als eine weiße Person. Das ist eine ungleiche und unfaire Behandlung, diese Praxis stellt also eine Diskriminierung dar.

Ein gängiges Beispiel dafür ist, dass es heutzutage in bestimmten Stadtvierteln immer häufiger zu rassistisch motivierten Razzien kommt, häufig in Late-Night-Bars oder Shisha-Bars. Oft wird ein Grund wie Steuerbetrug oder zu hohe Kohlendioxidwerte angegeben, aber im Allgemeinen werden diese Bars stärker überwacht, wobei die oft muslimischen People of Colour als Besitzer, Angestellte oder Kund:innen oft höherer krimineller Aktivitäten verdächtigt werden.

SIE WERDEN VON EINER/EINEM POLIZIST:IN KONTROLLIERT? GRUNDSÄTZLICHES ZU
WISSEN*:

Die Polizei führt eine begonnene Kontrolle grundsätzlich bis zum Schluss durch. Der Versuch, diese mit Argumenten zu unterbrechen, wird u. a. aus diesem Grund immer scheitern. Die Polizei darf Ihre Identität feststellen. Das heißt, die Polizei darf die Vorlage Ihres Ausweises verlangen und nach Ihrem Namen, Geburtstag/-ort, Ihrer Wohnanschrift und Ihrer Staatsangehörigkeit fragen. Mehr als das muss nicht beantwortet werden. Weigern Sie sich, der Polizei Ihren Ausweis zu zeigen, so darf diese Sie selbst oder Ihre Sachen (allerdings nur zu diesem Zweck) durchsuchen oder Sie zu einer Polizeistelle bringen. Die Polizei darf außerdem Ihre angegebenen Daten mit ihrer Datenbank abgleichen.

Die Polizei darf nach wie vor an folgenden Orten Personen ohne konkreten Verdacht kontrollieren:

1)  “Kriminalitätsbelastete Orte” (KbOs**) in Berlin: Die Berliner Polizei führt eine Liste von KbOs, also von Orten, an denen besonders viele schwere Straftaten stattfinden. An diesen Orten ist es der Polizei erlaubt, Ihre Identität festzustellen; außerdem darf sie Sie und Ihre
Sachen durchsuchen.
2)  Zug, Bahnhof, Flughafen oder in Grenzgebieten (bis zu 30 Km): Um illegale Einreisen zu verhindern darf die Bundespolizei immer noch Personenkontrollen ohne Verdacht durchführen. Dies darf allerdings nicht aufgrund von Auswahlkriterien wie Hautfarbe, vermuteter Herkunft oder Religion geschehen. Falls Sie die einzige Person sind, die kontrolliert wird, dann bitten Sie ruhig nach einem Kontrollschein bzw. Durchsuchungsprotokoll. Dies kann vor Gericht hilfreich sein.
3)  Auto: Polizei und Zollbeamte dürfen “Standkontrollen” und spontane Kontrollen machen. Sie dürfen Ihre Identität feststellen und Sie um Ihren Führerschein und die Fahrzeugpapiere bitten. Sollten Sie dieser Aufforderung nicht nachkommen, müssen Sie ein Verwarnungsgeld zahlen. Die Polizei darf in einem solchen Fall dann prüfen, ob alles mit dem Auto in Ordnung ist, d. h. ob es richtig und sicher ausgerüstet ist. Sie darf allerdings nicht ohne Erlaubnis in das Handschuhfach, in Gepäckstücke oder den Kofferraum schauen (es sei denn, dort befindet sich z. B. der Verbandskasten). Nur bei konkretem Verdacht darf die Polizei eine Blutprobe durch eine/einen Ärztin/Arzt entnehmen lassen, dies kann z. B. auf dem Polizeirevier oder im Krankenhaus geschehen. Alle anderen Tests, z. B. die Abgabe einer Urinprobe, sind freiwillig.
Die Polizei darf Sie nicht dazu zwingen. Abgesehen von den genannten Beispielen muss die Polizei sonst immer einen konkreten Verdacht bzw. Grund haben, aus dem sie Sie kontrolliert, d. h. wenn

1) Sie als verdächtig gelten, weil es Hinweise gibt, dass Sie eine Straftat begangen haben / Sie für den Ort, an dem die Kontrolle durchgeführt wird, ein Aufenthaltsverbot haben / Sie bereits zu einem früheren Zeitpunkt straffällig geworden sind.
Oder   2) … Ihre Durchsuchung dabei hilft, eine:n Verdächtige:n oder Spuren zu finden. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn die Polizei beobachtet hat, wie Ihnen von einer anderen Person heimlich etwas zugesteckt worden ist.
Oder   3) … die Polizei Grund zu der Annahme hat, dass Sie eine andere Person angreifen könnten (z.B. weil es zu einem lauten Streit zwischen Ihnen und der anderen Person gekommen ist). Deshalb ist es immer wichtig, Ruhe zu bewahren.

Falls keiner dieser Fälle zutrifft, dürfen Sie eine Durchsuchung ablehnen. Sollte die Polizei trotz Ihres Einspruchs versuchen, Sie zu durchsuchen, können Sie darauf hinweisen, dass sie sich gemäß § 344 des Strafgesetzbuches der Verfolgung Unschuldiger strafbar macht.

Sie dürfen:

1) um einen Kontrollschein oder ein Protokoll bitten.
2) nach der Personenkontrolle weitere Aussagen verweigern („Hierzu mache ich keine Angaben“).
3) den Dienstausweis eines:r Polizisten:in verlangen, um sich seine/ihre Daten aufzuschreiben.
4) mit diesen Daten ggf. Strafanzeige und Strafantrag stellen (immer beides stellen, da manche Delikte nur auf Strafantrag hin verfolgt werden). Die Anzeige ist in diesem Fall nicht bei der Polizei, sondern bei der Staatsanwaltschaft zu stellen.
5) mögliche Zeug:innen ansprechen. Wenn er/sie zusagt, tauschen Sie Kontaktdaten aus. Kommt es zu einem Prozess, können Zeug:innenaussagen sehr wichtig sein, damit Ihre Version über den Ablauf der Kontrolle gestützt wird.

*Quellen: u.a. „Was darf die Polizei? Was darf sie nicht?“ (www.kop-berlin.de), Berliner Polizeigesetz und Bundespolizeigesetz (www.gesetze-im-internet.de), Deutsche Anwaltsauskunft, “Was darf die Polizei bei einer Personenkontrolle?” und “Polizeikontrolle. Das sind Ihre Rechte” (anwaltsauskunft.de. 3.10.17), Dank an Prof. Dr. Clemens Arzt für seine Hinweise.

** Für eine Liste dieser Orte in Berlin, Siehe https://www.berlin.de/polizei/polizeimeldungen/fakten-hintergruende/artikel.597950.php

SIE WERDEN VON EINER POLIZIST KONTROLLIERT? WAS KÖNNEN SIE TUN?

1. Durchatmen. Ruhig und sachlich bleiben.   Es ist verständlich, wenn diese Situation Sie aufregt. Allerdings sitzt die Polizei nun mal am längeren Hebel. Aussagen wie “Rassist” oder Beschimpfungen wie “Nazi” werden von der Polizei als “Beleidigung gegenüber Beamten” angezeigt. Sie selbst können viel einfacher bei den Behörden eine Beschwerde anzeigen, wenn Sie ruhig geblieben sind.
2. Nach Begründungen fragen. Fragen Sie, wieso Sie kontrolliert werden. Die Polizei muss Ihnen eine Begründung geben. Die Polizei darf Sie nicht ohne Begründung durchsuchen oder zur Wache nehmen.
3. Zeugen/Zeuginnen suchen. Besonders wenn die Kommunikation mit der Polizei schwierig wird, ist es sinnvoll Passant:innen anzusprechen, ob sie für diese Situation Zeuge/Zeugin sein würden. Wenn jemand zusagt, dann tauschen Sie Ihre Kontaktdaten aus. Passant:innen werden Sie eher unterstützen, wenn Sie selber ruhig sind.
4. Immer einen Kontrollschein verlangen. Fragen Sie ruhig und sachlich dem/der Polizist:in nach einem Kontrollschein bzw. Durchsuchungsprotokoll. So wird er/sie auf ihre eigene Kontrollpraxis aufmerksam gemacht. So haben Sie auch einen „Beweis“ für Ihre Kontrolle. Sie können eine Kopie dieses Kontrollscheins auch an eine Organisation geben, die unter anderem Polizeikontrollen gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund dokumentiert
(z.B. ReachOut, Tel: 030/69568339). Falls der/die Polizist:in Ihnen keinen Kontrollschein gibt, fragen Sie nach dem Dienstausweis, um den Namen, die Diensthöhe und die Dienstnummer des/der Polizist:in zu notieren.

Für Asylsuchende oder Menschen ohne Papiere kann es zusätzliche Probleme geben. Dazu bieten folgende Stellen Beratung und Unterstützung:
KUB (kontakt@kub-berlin.org, Tel: 030/6149400)
AntidiskriminierungsBüro Berlin (adb_berlin@gmx.de, Tel: 030/2042511)